Kurt Wiederkehr – «Wissensvermittlung ist das Klügste, was man für die Zukunft tun kann»
Text & Bilder: Jana Giger und Tobias Nydegger
Kurt Wiederkehr lebt in Baden im Kanton Aargau und ist pensionierter Bauingenieur. Er war als langjähriger CVP-Stadtrat von Baden verantwortlich für die Ressorts Planung und Bau. Seit 2014 ist er Präsident des Vereins Melonenschnitz. Dieser betreut, pflegt und entwickelt den Industriekulturpfad Limmat-Wasserschloss. Das ist ein Wanderweg, der an den industriegeschichtlichen Bauten in der Region Baden vorbeiführt. Kurt Wiederkehr hat es sich 2015 zur Aufgabe gemacht, den Pfad wieder zum Leben zu erwecken und damit den Wissenserhalt zu sichern.
Kurt Wiederkehr lebt in Baden im Kanton Aargau und ist pensionierter Bauingenieur. Er war als langjähriger CVP-Stadtrat von Baden verantwortlich für die Ressorts Planung und Bau. Seit 2014 ist er Präsident des Vereins Melonenschnitz. Dieser betreut, pflegt und entwickelt den Industriekulturpfad Limmat-Wasserschloss. Das ist ein Wanderweg, der an den industriegeschichtlichen Bauten in der Region Baden vorbeiführt. Kurt Wiederkehr hat es sich 2015 zur Aufgabe gemacht, den Pfad wieder zum Leben zu erwecken und damit den Wissenserhalt zu sichern.
Kurt Wiederkehr hat die Stadt Baden als Stadtrat und Bauingenieur mitgeprägt. Auch nach seiner Pensionierung engagiert er sich weiter für den Wissenserhalt zur Badener Industriegeschichte. Eines seiner aktuellen Projekte ist ein Industriekulturpfad mit über 40 Informationstafeln.
Kurt Wiederkehr im Historischen Museum Baden, welches vom Verein Melonenschnitz in seiner Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit unterstützt wird.
«Ich muss mich zurückhalten. Kürzlich habe ich mich einmal mehr in eine Debatte eingemischt, womit ich wahrscheinlich ein paar Leute hässig gemacht habe.» Eigentlich ist Kurt Wiederkehr pensioniert. Doch endgültig zur Ruhe setzen will sich der 71-Jährige nicht.
Der ehemalige Stadtrat von Baden will auch im Ruhestand Dinge anpacken und seinen vielfältigen Interessen entsprechend aktiv sein. «Wenn man mir sagt, ich sei jetzt doch pensioniert und könne einfach nur das Leben geniessen, gehe ich die Wände hoch!»
Zurzeit steht die Einweihung einer neuen Informationstafel für den Industriekulturpfad am Limmatufer in Wettingen auf seinem Programm. Dabei geht es um eine Holzbrücke, die saniert wurde und deren Geschichte bis in das Jahr 1790 zurückreicht. Damals stellte die Brücke einen grossen technologischen Fortschritt dar. Sie hatte eine Spannweite von 60 Metern und einen Bogen als Träger, wie Wiederkehr mit leuchtenden Augen erzählt. Ein englischer Architekt fertigte eine Zeichnung von der Brücke an, was für Wiederkehr eine Sensation ist: «Was hat er hier gemacht? Und wie ist er gereist, um Himmelswillen?!»
Die Informationstafeln als Hauptaufgabe
Das Erstellen oder Erneuern der über 40 Tafeln ist die Hauptaufgabe des Vereins Melonenschnitz. Ursprünglich hatte ein anderer Verein bereits vor 25 Jahren mit der Errichtung dieser Informationstafeln begonnen. Dieser löste sich aber nach einigen Jahren auf. Wind und Wetter machten den Tafeln seither zu schaffen. Sie wieder auf Vordermann zu bringen, ist ein ehrenamtliches Engagement von Kurt Wiederkehr und seinen Vereinskolleginnen und -kollegen. «Es sind die Erfolgserlebnisse, die mich antreiben.»
Der Badener Schulhausplatz: Kurt Wiederkehr hat als Stadtrat die Planung für dessen Neugestaltung verantwortet.
Als Stadtrat war Wiederkehr für die Ressorts Planung und Bau zuständig. Bereits dannzumal hat er einen Teil der Arbeit in seiner Freizeit erledigt. «Wenn ich für ein Projekt brenne, will ich mich diesem selbst widmen!»
Die Mitglieder des Vereins Melonenschnitz sind grösstenteils projektbezogen aktiv, etwa beim Organisieren von Veranstaltungen. Für die Informationstafeln übernimmt jeweils ein einzelnes Mitglied die Verantwortung, häufig Kurt Wiederkehr. Er macht es sich zur Aufgabe, die Erstellung einer neuen Informationstafel selbstständig zu erledigen.
Die Arbeit reicht von der Recherche über das Texten bis hin zur Montage und der Enthüllung. Am Ende erzählen die Bilder und Texte von den Pionieren, technischen Innovationen und der industriellen Produktion in der Region Baden. «Es ist immer ein Erfolgserlebnis, wenn ich eine neue Tafel einweihen kann», so der Vereinspräsident.
Den Fortschritt sichtbar machen
Industriegeschichte fasziniert Kurt Wiederkehr, da erst so der Fortschritt und der Wandel sichtbar werden. Es sei «gigantisch», wenn man die Vergangenheit mit der Gegenwart vergleiche und sehe, wo wir heute stünden. «Welche Sicherheit und welchen Komfort wir geniessen.» Diese Erkenntnis sei auch wichtig, wenn man die Zukunft betrachte. Darum will er sein Wissen anderen Menschen zur Verfügung stellen. «Wissensvermittlung ist das Klügste, was man tun kann, um die Zukunft zu sichern», so der ehemalige Bauingenieur.
Kurt Wiederkehr hat bereits als Jugendlicher realisiert, dass die Industrialisierung einen grossen Einfluss auf die Badener Geschichte hatte. Mit der Gründung der BBC – der heutigen ABB – wurden bahnbrechende Innovationen im Bereich der Energiewirtschaft nach Baden gebracht und veränderten damit das Gesicht der Stadt bis heute.
Badens industriekulturelles Erbe
Der Vater von Wiederkehr war als Posthalter tätig. In dessen Postbüro, wo Kurt oftmals aushalf, wurde er mit Orten aus aller Welt konfrontiert. Die Menschen kamen wegen der berühmten Thermalbäder von weit her nach Baden. «Ich habe einige hundert Mal Tel Aviv geschrieben, bevor ich das erste Mal dort war», sagt Wiederkehr. Die Internationalität des aargauischen Städtchens wurde ihm so erstmals bewusst. «Baden besitzt ein immenses industriekulturelles Erbe.»
Als er den Pass seines Grossvaters aus der Tasche holt, wird klar, dass das Interesse an Industrie in der Familie liegt. Sein Grossvater Alois Wiederkehr war Monteur und ist viel gereist. «Manchmal war er monatelang weg», sagt Wiederkehr. Er habe ihm als Bub von Orten wie Mendoza oder Baku erzählt, wo er Maschinen installieren oder Reparaturen durchführen musste. «Das hat mir imponiert. Vor allem, nachdem ich später selbst manche dieser Orte besucht habe.» In seinem Beruf als Bauingenieur konnte er sich endlich ein eigenes Bild von fernen Orten machen. Er hat unter anderem in Chile, im Iran und im Irak gearbeitet. Heute reist Wiederkehr nicht mehr beruflich. Vielmehr ist es die Sehnsucht, die eigene Komfortzone zu verlassen, die ihn antreibt. Zusammen mit seiner Frau hat er den Sudan besucht oder in der Mongolei ehrenamtliche Arbeit geleistet.
Kurt Wiederkehr gibt sich bescheiden, wenn er über sein vielseitiges und langjähriges Wirken spricht. Engagierte gebe es auf die verschiedensten Weisen. «Bei mir ist es halt einfach sichtbarer», sagt er. Sein breites Interesse könne manchmal auch hinderlich sein. Viele Projekte werden angefangen, kommen aber nur langsam vorwärts. Das neuste Vorhaben ist bereits wieder angelaufen: Er wandert mit seiner Frau der Schweizer Grenze entlang. Das bringe sie an Orte, wo sie sonst niemals hingingen. Und auch hier findet Wiederkehr: «Das ist hochinteressant!»
Tobias Nydegger ist 1994 in Bern geboren und lebt in der Stadt Zürich. Er studiert Kommunikation an der ZHAW und arbeitet bei SRF News als Social-Media-Redaktor. Zuvor war er lange im Gaskessel aktiv – einem Kulturzentrum in den ehemaligen Gasreservoirs der Stadt Bern. Ihn inspirieren alte Industriegebäude, die umgenutzt wurden und denen so neues Leben eingehaucht wird.
Jana Giger ist 1995 in der Nähe von Baden geboren und lebt in Wettingen. Sie studiert Kommunikation an der ZHAW und arbeitet Teilzeit als Journalistin beim Blick. Während ihrer Ausbildung an der Fachhochschule im Kloster Wettingen hatte sie in einer ehemaligen Spinnerei Unterricht. Dabei kam sie das erste Mal bewusst in Kontakt mit der Industriekultur der Region.
Das Portrait entstand 2022 im Rahmen einer Kooperation von Industriekultur Spot mit dem IAM, Institut für Angewandte Medienwissenschaft an der ZHAW, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.
Kurt Wiederkehr im Historischen Museum Baden, welches vom Verein Melonenschnitz in seiner Ausstellungs- und Sammlungstätigkeit unterstützt wird.
«Ich muss mich zurückhalten. Kürzlich habe ich mich einmal mehr in eine Debatte eingemischt, womit ich wahrscheinlich ein paar Leute hässig gemacht habe.» Eigentlich ist Kurt Wiederkehr pensioniert. Doch endgültig zur Ruhe setzen will sich der 71-Jährige nicht.
Der ehemalige Stadtrat von Baden will auch im Ruhestand Dinge anpacken und seinen vielfältigen Interessen entsprechend aktiv sein. «Wenn man mir sagt, ich sei jetzt doch pensioniert und könne einfach nur das Leben geniessen, gehe ich die Wände hoch!»
Zurzeit steht die Einweihung einer neuen Informationstafel für den Industriekulturpfad am Limmatufer in Wettingen auf seinem Programm. Dabei geht es um eine Holzbrücke, die saniert wurde und deren Geschichte bis in das Jahr 1790 zurückreicht. Damals stellte die Brücke einen grossen technologischen Fortschritt dar. Sie hatte eine Spannweite von 60 Metern und einen Bogen als Träger, wie Wiederkehr mit leuchtenden Augen erzählt. Ein englischer Architekt fertigte eine Zeichnung von der Brücke an, was für Wiederkehr eine Sensation ist: «Was hat er hier gemacht? Und wie ist er gereist, um Himmelswillen?!»
Die Informationstafeln als Hauptaufgabe
Das Erstellen oder Erneuern der über 40 Tafeln ist die Hauptaufgabe des Vereins Melonenschnitz. Ursprünglich hatte ein anderer Verein bereits vor 25 Jahren mit der Errichtung dieser Informationstafeln begonnen. Dieser löste sich aber nach einigen Jahren auf. Wind und Wetter machten den Tafeln seither zu schaffen. Sie wieder auf Vordermann zu bringen, ist ein ehrenamtliches Engagement von Kurt Wiederkehr und seinen Vereinskolleginnen und -kollegen. «Es sind die Erfolgserlebnisse, die mich antreiben.»
Der Badener Schulhausplatz: Kurt Wiederkehr hat als Stadtrat die Planung für dessen Neugestaltung verantwortet.
Als Stadtrat war Wiederkehr für die Ressorts Planung und Bau zuständig. Bereits dannzumal hat er einen Teil der Arbeit in seiner Freizeit erledigt. «Wenn ich für ein Projekt brenne, will ich mich diesem selbst widmen!»
Die Mitglieder des Vereins Melonenschnitz sind grösstenteils projektbezogen aktiv, etwa beim Organisieren von Veranstaltungen. Für die Informationstafeln übernimmt jeweils ein einzelnes Mitglied die Verantwortung, häufig Kurt Wiederkehr. Er macht es sich zur Aufgabe, die Erstellung einer neuen Informationstafel selbstständig zu erledigen.
«Wenn ich für ein Thema brenne, will ich mich diesem selbst widmen!»
Die Arbeit reicht von der Recherche über das Texten bis hin zur Montage und der Enthüllung. Am Ende erzählen die Bilder und Texte von den Pionieren, technischen Innovationen und der industriellen Produktion in der Region Baden. «Es ist immer ein Erfolgserlebnis, wenn ich eine neue Tafel einweihen kann», so der Vereinspräsident.
Den Fortschritt sichtbar machen
Industriegeschichte fasziniert Kurt Wiederkehr, da erst so der Fortschritt und der Wandel sichtbar werden. Es sei «gigantisch», wenn man die Vergangenheit mit der Gegenwart vergleiche und sehe, wo wir heute stünden. «Welche Sicherheit und welchen Komfort wir geniessen.» Diese Erkenntnis sei auch wichtig, wenn man die Zukunft betrachte. Darum will er sein Wissen anderen Menschen zur Verfügung stellen. «Wissensvermittlung ist das Klügste, was man tun kann, um die Zukunft zu sichern», so der ehemalige Bauingenieur.
Kurt Wiederkehr hat bereits als Jugendlicher realisiert, dass die Industrialisierung einen grossen Einfluss auf die Badener Geschichte hatte. Mit der Gründung der BBC – der heutigen ABB – wurden bahnbrechende Innovationen im Bereich der Energiewirtschaft nach Baden gebracht und veränderten damit das Gesicht der Stadt bis heute.
Badens industriekulturelles Erbe
Der Vater von Wiederkehr war als Posthalter tätig. In dessen Postbüro, wo Kurt oftmals aushalf, wurde er mit Orten aus aller Welt konfrontiert. Die Menschen kamen wegen der berühmten Thermalbäder von weit her nach Baden. «Ich habe einige hundert Mal Tel Aviv geschrieben, bevor ich das erste Mal dort war», sagt Wiederkehr. Die Internationalität des aargauischen Städtchens wurde ihm so erstmals bewusst. «Baden besitzt ein immenses industriekulturelles Erbe.»
Als er den Pass seines Grossvaters aus der Tasche holt, wird klar, dass das Interesse an Industrie in der Familie liegt. Sein Grossvater Alois Wiederkehr war Monteur und ist viel gereist. «Manchmal war er monatelang weg», sagt Wiederkehr. Er habe ihm als Bub von Orten wie Mendoza oder Baku erzählt, wo er Maschinen installieren oder Reparaturen durchführen musste. «Das hat mir imponiert. Vor allem, nachdem ich später selbst manche dieser Orte besucht habe.» In seinem Beruf als Bauingenieur konnte er sich endlich ein eigenes Bild von fernen Orten machen. Er hat unter anderem in Chile, im Iran und im Irak gearbeitet. Heute reist Wiederkehr nicht mehr beruflich. Vielmehr ist es die Sehnsucht, die eigene Komfortzone zu verlassen, die ihn antreibt. Zusammen mit seiner Frau hat er den Sudan besucht oder in der Mongolei ehrenamtliche Arbeit geleistet.
Kurt Wiederkehr gibt sich bescheiden, wenn er über sein vielseitiges und langjähriges Wirken spricht. Engagierte gebe es auf die verschiedensten Weisen. «Bei mir ist es halt einfach sichtbarer», sagt er. Sein breites Interesse könne manchmal auch hinderlich sein. Viele Projekte werden angefangen, kommen aber nur langsam vorwärts. Das neuste Vorhaben ist bereits wieder angelaufen: Er wandert mit seiner Frau der Schweizer Grenze entlang. Das bringe sie an Orte, wo sie sonst niemals hingingen. Und auch hier findet Wiederkehr: «Das ist hochinteressant!»
Tobias Nydegger ist 1994 in Bern geboren und lebt in der Stadt Zürich. Er studiert Kommunikation an der ZHAW und arbeitet bei SRF News als Social-Media-Redaktor. Zuvor war er lange im Gaskessel aktiv – einem Kulturzentrum in den ehemaligen Gasreservoirs der Stadt Bern. Ihn inspirieren alte Industriegebäude, die umgenutzt wurden und denen so neues Leben eingehaucht wird.
Jana Giger ist 1995 in der Nähe von Baden geboren und lebt in Wettingen. Sie studiert Kommunikation an der ZHAW und arbeitet Teilzeit als Journalistin beim Blick. Während ihrer Ausbildung an der Fachhochschule im Kloster Wettingen hatte sie in einer ehemaligen Spinnerei Unterricht. Dabei kam sie das erste Mal bewusst in Kontakt mit der Industriekultur der Region.
Das Portrait entstand 2022 im Rahmen einer Kooperation von Industriekultur Spot mit dem IAM, Institut für Angewandte Medienwissenschaft an der ZHAW, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.