Percy Penzel  – «Der Bleisatz fasziniert mich mit seiner Echtheit» 



Text & Bilder: Sabrina Benz und Anna Uebelhart

Gegründet hat das Typorama, das ursprünglich den Namen «Kleines Setzmaschinen-Museum» trug, Percy Penzels Mentor Paul Wirth. Seine Sammlung alter Maschinen startete er 1979. Im Laufe der Jahre entstand daraus eine Buchdruckerei. Als der Ein-Mann-Betrieb immer grössere Dimensionen annahm, folgte 1995 die Namensänderung zu «Typorama». 1997 wurde der Förderverein Typorama gegründet. Dieser Verein und der Umzug von St. Gallen nach Bischofszell ermöglichten es Paul Wirth, seine Sammlung einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Im Zivildienst ist der Autolackierer Percy Penzel einst zufällig auf den Buchdruck und den Bleisatz gestossen. Im Typorama in Bischofszell (TG) hat er das Handwerk erlernt und trägt heute als Leiter zum Erhalt eines Stücks Industriekultur bei, für das er eine Zukunft sieht.



Das Handwerk erlernte Penzel von seinem Mentor und Typorama-Gründer Paul Wirth.

Zu Fuss nur wenige Minuten vom Stadtzentrum von Bischofszell im Kanton Thurgau entfernt, befindet sich das Typorama. Das von aussen unscheinbare Gebäude beherbergt einen bedeutenden Schatz der Industriegeschichte. Über 50 Setz- und Druckmaschinen aus dem 19. und 20. Jahrhundert stehen im typografischen Museum, das auch heute noch ein Produktionsbetrieb ist. Unter dem Rattern und Klicken der alten Maschinen entstehen hier Drucksachen nach der Handwerkstradition des Bleisatzes, einer 500 Jahre alten Technik nach Johannes Gutenberg. Bedient wird die beeindruckend grosse Sammlung alter Maschinen von Percy Penzel, der das Typorama leitet. Das Handwerk, das für den 43-Jährigen zuerst nur ein Hobby war, wurde zu einer Leidenschaft. Nun gibt er sein Wissen an die künftigen Generationen weiter.

Percy Penzels Arbeit im Typorama ist vielseitig. Einerseits steht er selbst an den Maschinen und stellt Druckerzeugnisse her. Andererseits bietet er Führungen an, bei denen er Interessierten das alte Handwerk näherbringt. Unterstützt wird er dabei vom Förderverein Typorama – einerseits finanziell, andererseits durch Frondiensteinsätze von dessen Mitgliedern. Die Motivation des Vereins ist es, «das Handwerk nicht nur zu bewahren, sondern vor allem auch zu beleben», wie es auf der Website des Typoramas steht. Auch für Penzel ist diese Motivation ein wichtiger Bestandteil seiner Arbeit. In Workshops, in denen Teilnehmende selbst Hand anlegen dürfen, bringt er ihnen die Kunst des Bleisatzes und Buchdrucks näher und macht sie erlebbar.


Die Kunst mit den Bleibuchstaben

Beim Bleisatz werden einzelne Lettern von Hand oder maschinell zu einer Druckform zusammengesetzt. Mit den zusammengesetzten Bleibuchstaben können einzelne Worte, aber auch ganze Seiten gedruckt werden. Diesen Vorgang können Workshop-Teilnehmende im Typorama live beobachten und an den bis zu 150 Jahre alten Maschinen ausprobieren. Jede der Maschinen, ob Typograph, Linotype, Monotype, Giessautomat oder Druckmaschine, hat ihre Besonderheiten. Percy Penzel kennt sie alle in- und auswendig.

Auf die Technik des maschinellen Bleisatzes ist Penzel während seines Zivildiensts in Deutschland gestossen, wo er mit Kindern und Jugendlichen Spielkarten kreiert und bedruckt hatte. Zuerst arbeiteten sie mit Siebdruck, doch weil die Kinder unbedingt Bleibuchstaben verwenden wollten, fing er an, eine alte Setzmaschine instand zu setzen – was sich als anspruchsvoll herausstellte. «Nachdem ich eine Maschine zweimal kaputt gemacht hatte, bin ich hierhergekommen, um zu lernen, wie es richtig geht», sagt Penzel. «Und dann bin ich einfach geblieben», fügt er lachend hinzu. Der Typorama-Gründer und damalige Leiter Paul Wirth brachte ihm innert fünf Jahren das Handwerk bei. Zu diesem Zeitpunkt suchte Wirth nach einem passenden Nachfolger; so kam es, dass Penzel die Leitung des Typoramas übernahm.



Percy Penzel bedient die Bleisatz- und Druckmaschinen selbst. Hier arbeitet er an einer Setzmaschine Linotype «Simplex» aus dem Jahr 1919.



Für den Druck werden die aus Blei gegossenen Buchstaben zusammengesetzt.


Vom Interesse zur Leidenschaft

Das anfängliche Interesse für die Schwarze Kunst, wie der Buchdruck auch genannt wird, ist für Percy Penzel, der ursprünglich Autolackierer gelernt hatte, inzwischen zu einer Leidenschaft herangewachsen. Einerseits, weil ihm die Arbeit mit den alten Maschinen Spass macht; andererseits fasziniert ihn die Echtheit des Handwerks: «Man kann nicht betrügen. Es ist ehrlich und man sieht jedes verfälschte Ergebnis sofort», sagt Penzel. Die Echtheit schätzt auch die Kundschaft des Typoramas, die im Shop online oder vor Ort bedruckte Produkte wie Bieruntersetzer, Buchzeichen, Visitenkarten und Jasskarten kauft.


«So wie die Schallplatte neben CDs und Downloads existiert, hat auch der Bleisatz seine Daseinsberechtigung.»



Neben der handwerklichen Arbeit mit Bleisatz und Buchdruck beschäftigt sich Penzel seit der Übernahme der Leitung auch mit der Umstrukturierung des Typoramas. Er digitalisiert veraltete Schriftdatenbanken und archiviert das Wissen über den Buchdruck und den Bleisatz, um es für die nachfolgenden Generationen zu bewahren. Denn er ist überzeugt, dass der Bleisatz Zukunft hat. In der Gesellschaft könne er einen Trend zu Analogem feststellen, von dem auch der Buchdruck profitieren könne. «So wie die Schallplatte neben CDs und Downloads existiert, hat auch der Bleisatz seine Daseinsberechtigung», sagt er. Im Typorama zeigt sich die Nachfrage in Form von Aufträgen für besondere Druckerzeugnisse wie hochwertige Visitenkarten oder Hochzeitseinladungen. Denn auch wenn der Digitaldruck schneller und günstiger ist, sind diesem Grenzen gesetzt. Bei Spezialitäten wie Goldprägungen oder dem Bedrucken dicker Unterlagen hat das analoge Verfahren unübersehbare Vorteile.



Im Typorama macht Percy Penzel die Kunst des Bleisatzes und Buchdrucks erlebbar und gibt sein Wissen weiter.

Erhalten bleibt dieses Verfahren, solange die Maschinen laufen und das Interesse für das traditionelle Bleisatz- und Druckverfahren vorhanden ist. Und solange es Menschen wie Percy Penzel gibt, die sich der Aufgabe annehmen, das Wissen aus den vergangenen Jahrhunderten weiterzugeben. Penzel sagt: «Die Leute wissen manchmal erst, was sie verloren haben, wenn sie es nicht mehr haben.» Das sei auch bei diesem Stück Industriekultur nicht anders.


Anna Uebelhart studiert im Bachelor Kommunikation an der ZHAW. Sie ist im Kanton Baselland aufgewachsen, wo bis ins 20. Jahrhundert die Seidenbandweberei von grosser Bedeutung war. Im Dachstock ihrer Primarschule stand ein Webstuhl aus dieser Zeit. Mit dem Bleisatz und Buchdruck hat sie eine weitere wichtige Industrie der Vergangenheit näher kennengelernt.

Sabrina Benz studiert Kommunikation an der ZHAW. Aufgewachsen im aargauischen Zofingen, gehörte der Besuch in der Druckerei des «Zofinger Tagblatts» zum festen Bestandteil der Bildung der heutigen Kommunikationsstudentin. Mit dem Bleisatz und Buchdruck durfte sie in eine neue Welt eintauchen und konnte den Bogen von diesem alten Handwerk zum Digitaldruck schlagen.


Das Portrait entstand 2022 im Rahmen einer Kooperation von Industriekultur Spot mit dem IAM, Institut für Angewandte Medienwissenschaft an der ZHAW, Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.